Post-Editing von KI-Texten in Leichter Sprache: Welche Herausforderungen gibt es?

Die Künstliche Intelligenz ändert unser Leben gerade von Grund auf. Auf Knopfdruck ist scheinbar alles möglich, die Maschine arbeitet selbstständig, der Mensch wird überflüssig. Auch für Leichte Sprache und Einfache Sprache entstehen gefühlt täglich neue KI-Tools. Besonders Öffentliche Stellen hoffen so, kostengünstig Inhalte zugänglich zu machen. Auf der anderen Seite wächst die Sorge unter Übersetzungsbüros, mittelfristig nicht mehr gebraucht zu werden.

Ich bin überzeugt: Die Maschine wird beim Übertragungsprozess in Leichte und Einfache Sprache immer mehr Anteil haben. Ersetzen wird die KI den Menschen aber nicht. Warum, erkläre ich in diesem Text. Ich beschreibe Herausforderungen der maschinengestützten Übertragung.

Als Sahnehäubchen findest du am Ende noch 2 Checklisten fürs Pre- und Post-Editing von KI-vereinfachten Texten (also zur Vor- und Nachbearbeitung, so wie es bei Übersetzungen zwischen Fremdsprachen bereits Gang und Gäbe ist).

KI-Tools sind fehleranfällig

Auf den ersten Blick sehen Texte, die von einem KI-Tool vereinfacht wurden, oft super aus. Wenn ich dann aber genauer hinschaue, stelle ich fest: Gut sind sie noch nicht. Nicht einmal gut genug. Zum Beispiel, weil der Inhalt zwar überzeugend klingt, aber nicht mehr das Gleiche aussagt wie das Original. Statt einer neuen Ausstellung im zweiten Stock ist in der vereinfachten Variante plötzlich der zweite Stock selbst neu. Dieses Problem bestätigt diese Studie von Silvana Deilen et al.

In anderen Texten fehlen entscheidende Abschnitte vollständig (ein häufiges Problem mit ChatGPT und DeepSeek, wie Paola Nieto García und Elke Cases in einer Studie mit Behördentexten bestätigen). Oft fehlt mir bei den KI-erstellten Texten auch der Gesamtzusammenhang. Es wirkt wie eine Aneinanderreihung von Informationen, aber die Intention dahinter wird nicht klar. Das liegt auch daran, dass KI nicht wirklich versteht, sondern nur Informationen nach Wahrscheinlichkeiten verbindet.

In anderen Fällen vereinfacht das KI-Tools die Inhalte zwar korrekt, es fehlen aber zusätzliche Erklärungen. Denn Texte in Leichter oder Einfacher Sprache liefern häufig Informationen, die im Ausgangstext vorausgesetzt werden. Oft muss ich als Übersetzerin dafür erst einmal recherchieren. Wird zum Beispiel ein Ort oder Gegenstand beschrieben, muss ich mir Bilder anschauen oder Rücksprache mit dem Auftraggebenden halten.

Ein KI-Tool kann Worte oder Satzkonstruktionen ersetzen, nicht aber Inhalte durchdringen. So passiert es häufig, dass die Maschine „halluziniert“, wichtige Ergänzungen aber fehlen. KI kann den Ausgangstext nicht verbessern – allzuoft ist das aber nötig.

KI unterstützt den Übersetzungsprozess

Ich gebe zu: KI hilft mir immer öfter beim Schreiben. So erweitere ich zum Beispiel die Online-Recherche mit Fragen an ChatGPT. Oder fehlen mir die Worte? Die zündende Idee, wie ich Inhalte neu strukturieren kann? Auch dabei liefert die KI mir Impulse. Zum Beispiel lasse ich mir Abschnitte zusammenfassen oder Hintergründe erklären.

Tipp: Häufig greife ich bei ChatGPT auf den Prompt zurück, den Sabine Manning zur Übertragung von Texten in Einfache Sprache empfiehlt: „Schreibe leicht verständlich für ein neunjähriges Kind“.

Auch für Erklärungen einzelner Begriffe nutze ich manchmal Werkzeuge wie ChatGPT oder SUMM AI. Ich nutze von SUMM aber nur die Erklärungsfunktion und lasse mir keine ganzen Texte vereinfachen. Direkt übernehmen kann ich die Ergebnisse bisher kaum – eine Unterstützung sind sie aber definitiv.

Die Nachbearbeitung ist mühsam

Ich habe auch versucht, mir ganze Texte in Leichte oder Einfache Sprache übertragen zu lassen. Die Nachbearbeitung empfand ich aber als sehr ermüdend. Am Ende hatte ich das Gefühl, ohne KI-Unterstützung genauso schnell zu sein, und im Ergebnis sogar bessere Texte zu erzeugen. Warum? Das konnte ich bisher nicht in Worte fassen. Dank dem Übersetzer André Hansen habe ich nun Erklärungen für mein bisher eher diffuses Gefühl. Er beschreibt drei „Qualitätsrisiken“ bei post-editierten KI-Texten:

1. Priming Effect

Wir werden durch den KI-Text beeinflusst. Man sagt auch: Es entsteht ein Priming Effect (priming = Vorbereitung). Denn die Maschine soll uns ja Zeit ersparen (besonders, wenn wir für die Nutzung zahlen). Also wollen wir nicht zu viel ändern. So überlegen wir ständig: Ist das gut genug? Klingt es vielleicht holprig, ist aber noch akzeptabel? Ist es wirklich schlecht oder nur nicht mein Stil? Am Ende lassen wir vieles stehen, was wir ohne diese KI-Vorprägung eleganter oder treffender ausgedrückt hätten.

2. Obstacle Effect

Das Post-Editing bedeutet ein ständiges Abwägen. Dieser Prozess ist nicht nur anstrengend – er lenkt auch vom Original ab. Eigentlich müsste ich ständig Original und Zieltext im Blick haben. Die Texte klingen aber so gut, dass Fehler leicht durchrutschen.

Der KI-Text stellt sich also wie ein „Hindernis“ zwischen mich als Übersetzerin und den Ausgangstext – daher wird auch vom Obstacle Effect gesprochen.

3. Fatigue Effect

Fehler fallen uns vor allem dann nicht auf, wenn wir bereits eine Weile arbeiten und unsere Aufmerksamkeitsfähigkeit nicht mehr ganz so hoch ist. Denn: Post-Editing erfordert weniger Kreativität und ist damit langweiliger. Und Langeweile führt zu geistiger Ermüdung – auch Fatigue Effect genannt.

Nun könnte man sagen: Post-Editing ist eben eine Form des Lektorats und keine Übersetzung. Warum entsteht also bei KI-Texten ein Fatigue Effect und bei regulären Lektoraten nicht? André Hansen erklärt es damit, dass KI eben nicht wirklich denkt. Damit seien Inkonsistenzen und Fehler für uns Menschen auch nicht erwartbar und logisch nachvollziehbar.

Praktische Tipps fürs Post-Editing

Nun könnte ich schlussfolgern: Finger weg von KI-Tools für Leichte Sprache. Du sparst damit weder Geld noch Zeit, dazu verdirbst du dir auch noch den Spaß am Übersetzen. Ich bin aber von Natur aus pragmatische Realistin und mache mir daher nichts vor: KI ist gekommen, um zu bleiben. Auch im Bereich Leichte Sprache. Und: Sie wird besser werden.

Klar ist aber: KI braucht uns menschliche Übersetzer*innen als Kontrollinstanz. Uns bleibt also nur, zu überlegen: Wie können wir die Maschine so in unseren Arbeitsprozess integrieren, dass möglichst gute Ergebnisse herauskommen?

Bisher habe ich von den Schwierigkeiten des Post-Editing gesprochen, also der Nachbearbeitung von KI-generierten Texten. Es gibt aber zwei Stellen, an denen ich eingreifen kann: Entweder nachher oder bevor ich Texte der KI überlasse – indem ich also ein Pre-Editing vornehme.

Bist du der Checkliste-Typ? Dann hilft dir vielleicht die Checkliste zum Herunterladen:

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